Ich fühlte mich königlich
10. Januar 2014

Während des Ludwigsburger Weihnachtsmarktes verwandelte sich die Chorkapelle der evangelischen Stadtkirche in eine 24-Stunden-Gebetsoase. Die Aktion 24-7 Prayer schafft „Raum“ zum Gespräch mit Gott.

Von M. Breuninger

Der kleine barocke Sessel, auf dem ich thronte war samtweich. Goldenes Licht floss durch den Raum, hüllte mich zusammen mit einer Decke wohlig ein. Über mir spannte sich das Dach des Pavillons und in Gedanken malte ich funkelnde Sterne darauf. Ich überlegte: „Soll ich etwas aufschreiben? Vielleicht einfach malen was ich sagen möchte? Ich könnte eine Nadel in die Stadtkarte von Ludwigsburg stechen, genau da, wo ich wohne. Für meine Straße beten. Könnte einen Samen pflanzen, für jemand, der mir am Herzen liegt. Oder die großen Kopfhörer auf-ziehen, Musik auf mich einrieseln lassen. Auf einen Zettel den ganzen Mist schreiben, den ich heute wieder fabriziert habe und damit den Schredder füttern…“ So viele Möglichkeiten,
alle getaucht in das Rot und Weiß und Gold des Zimmers, alle eingerahmt von runden Buntglas-
fenstern. Ich schloss die Augen. Ich könnte auch einfach zuhören.

Wo ich war? Ich und über hundert weitere Men-
schen? Im zauberhaftesten Gebetswohnzimmer
von Ludwigsburg, das in der ersten Dezember-
woche direkt über dem Weihnachtsmarkt in der
evangelischen Kirche thronte. Egal ob 18 oder 80,
ob Kirchengänger oder –skeptiker, egal ob evan-
gelisch, katholisch oder ganz ohne „lisch“-Endung,
jeder konnte für eine oder mehrere Stunden
hereinkommen und Zeit mit Gott verbringen.
Eine Woche lang, rund um die Uhr wurde… ja was eigentlich?
Geplaudert, gefleht, gelacht und gegrübelt. Gedankt. Geweint.
Vielleicht gesungen? Vielleicht diskutiert?
Alles mit Gott.
Denn er hatte sich 24 Stunden am Tag, 7 Tage die Woche dort eingefunden, um jeden zu begrüßen, jeden zu berühren.

Wolfgang Müller beschreibt es als „reiche Zeit, mit
Begegnungen, Stille und inneren Momenten“. Barbara
war dieses Jahr das erste Mal dabei und resümiert: 
„Der Gebetsraum war wahnsinnig schön gestaltet! Be
sonders toll fand' ich die Karte, in der man einstecken konnte, woher man kommt. Außerdem hat mirder Gebetsgarten sehr, sehr gut gefallen! Am liebstenwäre ich gleich mehrere Stunden im Gebetszimmer geblieben!“ Auch der Dekan der evangelischen Kirche, Winfried Speck,unterstützte die Aktion in diesem Jahr erneut und freutesich an dieser Möglichkeit, mitten im Trubel des Weihnachtsmarkts bewusst Leben mit Gott verbinden zu können.

Wozu aber eigentlich der Aufwand, riesige Materialkisten enge Wendeltreppen hinauf zu schleppen, um für eine Woche ein Wohnzimmer zu gestalten? Für Daniel Nolte, Initiator der Ludwigsburger 24-7 Gebetswoche, gibt es da nur eine Antwort: „Es kommt oft vor, dass sich neue Teilnehmer fragen: ‚Auf was habe ich mich bloß eingelassen – 1 Stunde beten?‘ Aber dann stellen sie fest, dass die Stunde viel zu schnell vorüber-
geht, und fragen sich: ‚Habe ich tatsächlich eine Stunde mit Gott im Gebet verbracht?‘ Und Ihnen fällt auf, dass die vielen kreativen Elemente im Wohnzimmer für sie zur Begegnung mit Gott geführt haben. Beten ist in erster Linie eine Liebesbeziehung mit Gott. Wir glauben, dass diese Beziehung durch viele Klischees kaputtgegangen ist. Das Gebetswohnzimmer lädt ein, einen neuen Zugang zu Gott zu finden, fernab von alten Klischees. Hier in Ludwigsburg und deutschland-
weit. Mehr als einmal durften wir bereits miterleben, wie Gebet Grenzen sprengt und Vorurteile vergessen macht.“ Dafür lohnt es sich.

Mittlerweile ist das Gebetswohnzimmer wieder in den genannten Kisten verschwunden, bereit für den nächsten Einsatz. Bis zum nächsten Advent müssen Ludwigsburger Gebetsfans aber nicht warten, denn es gibt bereits ein offenes, monatlich stattfindendes Gebetstreffen. Auch in einem Wohnzimmer, allerdings jedes Mal in einem anderen. Wer dazu kommen möchte, kann einfach eine Mail an kontakt@24-7prayer-lb.de schreiben.

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Das Projekt Gebetswohnzimmer ist eine Initiative von Mitarbeitern der Werbeagentur Tube20 und dessen Geschäftsführer Daniel Nolte, die seit einigen Jahren zusammen mit vielen ehren-
amtlichen Helfern kreative Gebetswohnzimmer
in Ludwigsburg und deutschlandweit bauen. Organisatorisch ist das Projekt beim CVJM Ludwigsburg im Arbeitsbereich 24-7 Prayer angesiedelt. Veranstaltet wurde die überkon-fessionelle Aktion in Zusammenarbeit mit der evangelischen Stadtkirchengemeinde.

Mehr hierzu: www.24-7prayer-lb.de und auf Facebook

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